Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht

Neben der Kündigung oder dem zeitlichen Ablauf eines Arbeitsverhältnisses besteht auch die Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag durch einen Aufhebungsvertrag, auch Aufhebungsvereinbarung genannt, im gegenseitigen Einvernehmen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beenden. Aufhebungsverträge sind im Arbeitsrecht in der Schweiz recht weit verbreitet, auch wenn in den Bestimmungen von Art. 319 ff. OR keinerlei Regelung hierzu besteht. Die grundsätzliche Zulässigkeit des Aufhebungs­vertrags ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit, welche auch die Aufhebungs­freiheit mitumfasst. Aufhebungsverträge unterliegen aber einigen Schranken und sind nicht frei von rechtlichen Fallstricken.

Sehr weit verbreitet sind Aufhebungsverträge in den Chefetagen von Schweizer Unternehmen. Dies hat verschiedene Ursachen, wie u.a. die oft erfolgende Freistellung von Führungskräften und die Präzisierungen im praktischen Ablauf der Vertragsbeendigung. Es können z.B. Geheimhaltungspflichten verschärft und gemeinsame Sprachregelungen zur Trennung rechtsverbindlich definiert werden.

Durch den Aufhebungsvertrag gibt insbesondere der Arbeitnehmer verschiedene Schutzrechte auf, wie u.a. diejenigen des zeitlichen Kündigungsschutzes. Deshalb sind beim Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen verschiedene Aspekte zu beachten und Schranken zu wahren.

Es muss immer eine Prüfung des Aufhebungsvereinbarung im Einzelfall erfolgen, unter Miteinbezug des Arbeitsvertrages sowie der konkreten Umstände von dessen Abschluss. Nachfolgend werden die wichtigsten Aspekte zum Aufhebungsvertrag schematisch dargestellt.

Vorteil des Aufhebungsvertrages

Der Aufhebungsvertrag bietet für Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich und mit gemeinsam verhandelten Modalitäten zu beendigen. Dies gewährt die Möglichkeit, im Einzelfall eine spezifische Lösung zu finden. Dadurch werden auch rechtliche Unsicherheiten beseitigt, die eine einseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses notwendigerweise nach sich zieht. Dabei können sowohl Vertragspunkte abgehandelt werden, auf welche der Arbeitgeber als auch solche, auf welche der Arbeitnehmer besonders Wert legt.

Psychologisch liegt hier der Vorteil vor – aus der Perspektive von beiden Parteien – dass gemeinsam eine Lösung gefunden gefunden werden kann.

Teil eines Aufhebungsvertrages ist i.d.R. eine Saldoklausel, wonach die Parteien nach der Erfüllung ihrer Pflichten per saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt sind.

Erfordernis der Ausgewogenheit

Das wohl bedeutendste rechtliche Erfordernis an einen Aufhebungsvertrag ist seine Ausgewogenheit. Der Aufhebungsvertrag darf nicht einseitig zugunsten des Arbeitgebers formuliert sein und die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer schlechter stellen als eine (meistens ordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Aufhebungsvereinbarung muss notwendigerweise ausgewogen sein bzw. es müssen notwendigerweise durch den Arbeitgeber gewisse Zugeständnisse gemacht werden.

Sonst würde insbesondere Art. 341 Art. 1 OR der Gültigkeit des Aufhebungsvertrages entgegenstehen. Gemäss dieser Bestimmung kann der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung nicht auf Forderungen verzichten, welche sich aus zwingenden gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen ergeben.

Massgebend sind hier immer die konkreten Umstände des Einzelfalls. Letztlich muss der Aufhebungsvertrag ein ausgewogenes und faires Gesamtbild ergeben. In der arbeitsrechtlichen Praxis gelingt dies sehr oft, nicht nur bei Arbeitsverträgen aus den Chefetagen.

Keine Umgehung von zwingenden Gesetzesbestimmungen

Der Aufhebungsvertrag darf nicht dazu dienen, zwingende Gesetzesbestimmungen, namentlich solche des Arbeitnehmerschutzes, zu umgehen. Falls keine Gesetzesumgehung erfolgt, kann der Aufhebungsvertrag grundsätzlich auch innerhalb der Sperrfrist nach Art. 336c OR abgeschlossen werden.

Zeitpunkt des Abschlusses

Die Aufhebungsvereinbarung bzw. der Aufhebungsvertrag kann jederzeit abgeschlossen werden. Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses kann per sofort, d.h. per Datum der Unterzeichnung, oder auch per einem bestimmten Stichtag erklärt werden. Dies kann u.a. während der Probezeit und auch nach bereits erfolgter Kündigung durch eine Partei erfolgen. Die Aufhebung kann auch vor dem Stellenantritt des Arbeitnehmers erfolgen.

Formvorschriften

Bei fehlender Abrede im Arbeitsvertrag (Schriftformklausel) kann der Aufhebungs­vertrag grundsätzlich auch formlos abgeschlossen werden. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages kann auch stillschweigend durch die Parteien erfolgen.

Aus Beweisgründen und zur klaren Dokumentation der Ausgewogenheit des Aufhebungsvertrages wird meistens in der arbeitsrechtlichen Praxis die Schriftform gewählt.

Es kann auch angezeigt sein, die Umstände des Abschlusses des Aufhebungsvertrages in einer Präambel darzustellen. Diese ist zwar kein rechtlicher Bestandteil der Vereinbarung, kann aber im Streitfall aus Beweisgründen dennoch eine wichtige Rolle spielen.

Beim Aufhebungsvertrag kann auch die die Unklarheitenregel zur Anwendung kommen. Das bedeutet, dass allfällige Unklarheiten zuungunsten der formulierenden Partei gedeutet werden. Dabei dürfte es i.d.R. um den Arbeitgeber gehen, da Aufhebungsvereinbarungen meistens vom Arbeitgeber vorgeschlagen werden.

Überlegungsfrist des Arbeitnehmers?

Ein Teil der arbeitsrechtlichen Lehre möchte dem Arbeitnehmer vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrages eine genügend lange Überlegungsfrist zugestehen, was aber teilweise umstritten ist, da eine dogmatische Grundlage fehlt. Das Bundesgericht folgte dieser Auffassung in verschiedenen Entscheiden. Im Vordergrund dürfte vor allem stehen, dass der Arbeitnehmer durch die Aufhebungsvereinbarung nicht überrumpelt werden darf. Leider bestehen keine klaren Hinweise, wie lange eine Überlegungsfrist sein muss, auch das Bundesgericht schweigt sich hierzu aus.

Klar sein dürfte, dass der Arbeitnehmer nicht zu einem sofortigen Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gedrängt werden darf. Eine minimale Überlegungsfrist von 24 oder 48 Stunden (an Arbeitstagen) dürfte sicher notwendig sein. Der vorsichtige Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer auf jeden Fall eine grosszügige(re) Überlegungsrist zugestehen und auch auf die Möglichkeit hinweisen, sich rechtlich beraten zu lassen.

Nützlich dürfte auch eine Vorbesprechung des Entwurfes des Aufhebungsvertrages sein, an welcher dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit gewährt wird, konkrete Fragen gemeinsam zu erörtern.

Die Rechtsfolge der fehlenden Überlegungsfrist seitens der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers ist gemäss dem Bundesgericht die Nichtigkeit.

Aufhebungsverträge und Bestimmungen über die Massenentlassung

Die Bestimmungen über die Massenentlassung von Art. 335d ff. OR knüpfen an die Betriebsgrösse und die Anzahl der arbeitgeberseitigen Kündigungen.

Grundsätzlich fallen die mittels Aufhebungsvertrag beendeten Arbeitsverhältnisse nicht unter die gemäss Art. 335b OR zu subsumierenden Kündigungen bei Massentlassungen. In der Lehre gibt es hierzu aber teilweise abweichende Meinungen, vor allem wenn Aufhebungsverträge zur Gesetzesumgehung abgeschlossen würden.

Nichtigkeit von unzulässigen Aufhebungsverträgen

Gemäss verschiedenen Urteilen des Bundesgerichts sind rechtlich unzulässige Aufhebungsverträge als nichtig zu betrachten. Der Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer werden in die Lage zurückversetzt, in welche sie vor dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung waren.

Sofern vorher eine Kündigung durch eine Partei ausgesprochen wurde, ist diese massgeblich. Falls aber keine Kündigung ausgesprochen wurde, muss bei einem nichtigen Aufhebungsvertrag die Kündigung noch nachgeholt werden.

Da die gerichtliche Klärung der Gültigkeit bzw. Nichtigkeit des Aufhebungsvertrages eine lange Zeit in Anspruch nehmen kann, dürfte oft die Erklärung einer (bedingten) Kündigung angebracht sein.

Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., LL.M., www.jobanwalt.ch

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