Der Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen ist aufgrund der seinerzeitigen Situation als verhältnismässig zu erachten. Der Staatsrat des Kantons Tessin erliess am 8. September 2021 einen Beschluss zur Einführung einer Pflicht für regelmässige Corona-Tests für ungeimpftes Personal in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen des Kantons (seit 1. April 2022 nicht mehr in Kraft).
Von der Verpflichtung waren Mitarbeitende erfasst, die über kein gültiges Covid-Zertifikat verfügten und die in direktem Kontakt standen zu Patienten in Krankenhäusern, Kliniken, Alters- und Pflegeheimen, Behindertenheimen, häuslichen Pflege- und Betreuungsdiensten, therapeutischen und sozialen Tageszentren für ältere Menschen und Behinderte sowie in Wohneinrichtungen für Drogenabhängige.
Das Tessiner Verwaltungsgericht überwies die gegen den Beschluss von mehreren Personen erhobene Beschwerde 2021 zuständigkeitshalber ans Bundesgericht. Die Beschwerdeführenden verlangten eine Aufhebung des Beschlusses, beziehungsweise eine Änderung in dem Sinne, dass das Gesundheitspersonal unabhängig von seinem Impfstatus zu testen sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Mit der Aufhebung des Beschlusses per Ende März 2022 besteht zwar kein aktuelles praktisches Interesse mehr an einer Behandlung der Beschwerde. Das Bundesgericht behandelte diese dennoch materiell, weil wichtige Rechtsfragen im Raum stehen, die sich erneut stellen könnten und deren rechtzeitige gerichtliche Prüfung sonst kaum je möglich wäre.
Die Testpflicht für Gesundheitspersonal ohne Covid-Zertifikat bedeutet eine Ungleichbehandlung gegenüber geimpftem beziehungsweise genesenem Personal und stellt einen wesentlichen Eingriff in die persönliche Freiheit und das Recht auf Achtung des Privatlebens der Betroffenen dar; diese Grundrechtseingriffe lassen sich indessen rechtfertigen. Zunächst kann sich die Massnahme auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage (v.a. Artikel 40 des Epidemiengesetzes) stützen, die ausdrücklich auch strengere Massnahmen zulässt. Für die unterschiedliche Behandlung besteht mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit – insbesondere dem Schutz der besonders verletzlichen Personen in den betroffenen Einrichtungen – ein öffentliches Interesse.
Das Bundesgericht hat bereits früher festgehalten, dass die Behörden bei der Anordnung von Massnahmen in gesundheitlichen Krisensituationen über einen relativ bedeutenden Beurteilungsspielraum verfügen, zumal sie auf Grundlage des aktuellen Wissensstandes entscheiden müssen, der oftmals unvollständig und begrenzt ist. Entsprechend ist eine rückwirkende Beurteilung schwierig. Der Tessiner Staatsrat hat beim Erlass des Beschlusses berücksichtigt, dass gemäss damaligem Wissensstand zwar auch geimpfte Personen das Virus übertragen können, von ihnen aber ein geringeres Ansteckungsrisiko ausgeht. Wie das Bundesgericht in diesem Zusammenhang ebenfalls bereits festgehalten hat, ist von Seiten der Behörden mit Blick auf die Verhältnismässigkeit einer Massnahme ein „akzeptables“ Risiko anzustreben und nicht ein „Nullrisiko“. Der Beschluss erweist sich auch als geeignet und erforderlich. Mit der Massnahme konnte die Einführung allgemeiner Pflichten vermieden und stattdessen ein differenziertes Vorgehen gewählt werden. Die Lösung erlaubte es zudem, der Solidarität der Geimpften mit den von ihnen betreuten, besonders verletzlichen Personen Rechnung zu tragen, während gleichzeitig eine Alternative für das Personal bestand, das über kein Covid-Zertifikat verfügte. Die Betroffenen wurden schliesslich auch nicht am Zugang zu ihrem Arbeitsplatz gehindert, sondern einer zusätzlichen Pflicht unterstellt, die insgesamt nicht allzu stark eingreifend und im übrigen kostenlos war. Der Beschluss erweist sich letztlich auch in zeitlicher Hinsicht gemäss dem Urteil 2C_886/2021 vom 12. Dezember 2022 des Bundesgerichts als verhältnismässig.