Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs und Arbeitsrecht, insbesondere Quarantäne

Der Bundesrat hat am 2. Juli 2020 die Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) im Bereich des internationalen Personenverkehrs (Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs) erlassen. Diese tritt am 6. Juli 2020 in Kraft und wird starke Auswirkungen auf das Schweizer Arbeitsrecht haben. So müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Risikogebieten waren, nach ihrer Rückkehr unverzüglich in Quarantäne begeben. Falls keine Arbeit im Homeoffice möglich ist, stellt sich dann die Frage der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Diese ist umstritten und wird wohl höchstrichterlich durch das Bundesgericht geklärt werden müssen. Eine Reise in ein Risikogebiet könnte den Arbeitnehmenden als Selbstverschulden entgegengehalten werden, was eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ausschliessen würde. Als praktische Massnahme für Arbeitgeber bietet sich zunächst als Sofortmassnahme bei jedem Ferienrückkehrenden eine Einverlangung von negativen oder positiven Deklarationserklärungen über die in den Ferien besuchten Gebiete an (Risikogebiet ja oder nein gemäss Liste EDI).

Quarantänepflicht für alle Einreisenden aus Riskogebieten
Gemäss Art. 2 der Veordnung sind alle Personen, die in die Schweiz einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von 14 Tagen vor der Einreise in einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 (Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko) aufgehalten haben, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in ihre Wohnung oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben.

Die Personen müssen sich während 10 Tagen nach ihrer Einreise ständig dort aufhalten (Quarantäne).

Selbstverständlich können diese Personen nicht am Arbeitsplatz erscheinen, in Betrieben, in denen die Arbeitspflicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur vor Ort erfüllt werden kann. Die Leistung von Arbeit im Homeoffice ist selbstverständlich möglich.

Bei der Quarantäne gibt es keine Altersbeschränkung. Es sind auch Lernenden und sogar Kinder und Babys betroffen. Die Quarantäne von Kindern zieht dann wiederum die Quarantäne von Eltern nach sich.

Hier die Ziff. 7 der FAQ des BAG:
«Müssen sich auch Kinder unter Quarantäne stellen lassen?
Ja. Kinder, die aus einem Staat oder Gebiet mit hohem Infektionsrisiko in die Schweiz einreisen, müssen ebenfalls unter Quarantäne gestellt werden. Im Idealfall sollte sich nur ein Elternteil um die betroffenen Kinder kümmern. Die Eltern, die die Kinder in Quarantäne betreuen, befinden sich ebenfalls in Quarantäne.»

Generell-abstrakte Definition der Gebiete mit erhöhtem Ansteckungsrisiko
Gemäss Art. 3 Abs. 1 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs liegt ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 vor, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
a. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Personen beträgt im betreffenden Staat oder Gebiet in den letzten 14 Tagen mehr als 60.
b. Die verfügbaren Informationen aus dem betreffenden Staat oder Gebiet erlauben keine verlässliche Einschätzung der Risikolage, und es bestehen Hinweise auf ein erhöhtes Übertragungsrisiko im betreffenden Staat oder Gebiet.
c. In den letzten vier Wochen sind wiederholt infizierte Personen in die Schweiz eingereist, die sich im betreffenden Staat oder Gebiet aufgehalten haben.

Bei den Kriterien handelt es sich um keine kumulativen Voraussetzungen. Es genügt bereits, dass eine der Voraussetzungen erfüllt ist.

Durch die Definition von Gebieten und Staaten sind auch regionale Abgrenzungen möglich.

Die Liste der Staaten oder Gebiete mit erhöhtem Ansteckungsrisiko wird im Anhang aufgeführt, wie Art. 3 Abs. 2 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs bestimmt. Das Eidgenössische Departement des Inneren (EDI) führt sie nach Rücksprache mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) laufend nach.

Länderliste per 6. Juli 2020
Derzeit (d.h. am 3. Juli 2020) sind gemäss Anhang 3 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 die folgenden Staaten und Gebiete qualifiziert als mit erhöhtem Ansteckungsrisiko: Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Bahrain, Belarus, Bolivien, Brasilien, Cabo Verde, Chile, Dominikanische Republik, Honduras, Irak, Israel, Katar, Kolumbien, Kosovo, Kuwait, Moldova, Nordmazedonien, Oman, Panama, Peru, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Serbien, Südafrika, Turks- und Caicos-Inseln, Vereinigte Staaten von Amerika.

Diese Liste wird, wie oben erwähnt, ständig vom EDI nachgeführt. Es ist zu hoffe, dass die Listen versioniert und datiert werden und auch die alten Listen noch verfügbar sind. Arbeitsrechtlich werden nämlich die in einem bestimmten Zeitfenster relevanten Momentaufnahmen von Bedeutung sein. Retrospektiv werden auch Gerichte über die Vergangenheit bzw. die relevanten Zeitfenster zu urteilen haben.

Ausnahmen von der Quarantäne
Art. 4 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 bestimmt in Abs. 1 die folgenden Ausnahmen von der Quarantänepflicht:
Von der Pflicht zur Quarantäne nach Artikel 2 ausgenommen sind Personen:
a. die beruflich grenzüberschreitend Personen oder Güter auf der Strasse, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren;
b. deren Tätigkeit zwingend notwendig ist für die Aufrechterhaltung:
1. der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens,
2. der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
3. der Funktionsfähigkeit von institutionellen Begünstigten im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 20072;
c. die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in Unternehmen des Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehrs grenzüberschreitend Personen befördern und sich dafür im Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko aufgehalten haben;
d. die täglich oder für bis zu 5 Tage beruflich oder medizinisch notwendig und unaufschiebbar veranlasst in die Schweiz einreisen;
e. die sich als Transitpassagiere weniger als 24 Stunden in einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko aufgehalten haben;
f. die lediglich zur Durchreise in die Schweiz einreisen mit der Absicht und der Möglichkeit, direkt in ein anderes Land weiterzureisen.

Der Arbeitgeber prüft gemäss Abs. 2, ob eine zwingende Notwendigkeit nach Absatz 1 Buchstabe b vorliegt, und bescheinigt diese.

Die zuständige kantonale Behörde kann gemäss Abs. 3 in begründeten Fällen weitere Ausnahmen von der Pflicht zur Quarantäne bewilligen oder Erleichterungen gewähren.

Für Personen, die Symptome einer Erkrankung mit Covid-19 aufweisen, ist gemäss Abs. 4 der Absatz 1 nicht anwendbar, es sei denn, die Symptome sind auf eine andere Ursache zurückzuführen.

Hier haben wir auch einen direkten Bezug zum Arbeitsrecht. Gewissen Berufsgruppen sind nämlich von der Quarantänepflicht ausgenommen, was der Arbeitgeber entsprechend zu bescheinigen hat.

Kein Anspruch auf Taggeld bei Quarantäne nach Art. 2 der Verordnung
Durch die Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 findet eine wesentliche und arbeitsrechtlich sehr praxisrelevante Änderung der COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall vom 20. März 2020 statt.

Art. 2 Abs. 2bis lautet nämlich wie folgt: «Bei einer Quarantäne im Sinne von Artikel 2 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 besteht kein Anspruch auf Entschädigung.»

Mithin entfällt das Taggeld, welches sonst bei behördlich oder ärztlich verordneter Quarantäne durch den Arbeitgeber beantragt werden darf. Dies führt zwangsläufig zur sehr praxisrelevanten Frage – wenn durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer keine Homeoffice-Arbeit geleistet werden kann – was mit der Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitnehmenden in der Quarantäne passiert.

Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers während der Quarantäne?
Wenn sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Quarantäne begeben muss, so ist nicht geklärt bzw. in der arbeitsrechtlichen Lehre umstritten, ob während der Quarantäne eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht bzw. ob ein Fall von Art. 324 oder 324a OR besteht. Die Abgrenzung von Art. 324 OR und Art. 324a OR beruht auf der Frage, ob der Grund der Quarantäne in der Person des Arbeitnehmers liegt (dann geht es um Art. 324a OR) oder nicht. Da der Anspruch auf Taggeld bei der Quarantäne nach Art. 2 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 entfällt, ist dieses Thema umso relevanter.

Die praktische Lösung, welche das Thema der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers löst, ist natürlich die Arbeit des unter Quarantäne stehenden Arbeitnehmers im Homeoffice. Wenn ein Homeoffice aber nicht möglich ist, was in vielen Branchen der Fall ist, dann wird das Thema umso dringlicher.

In den FAQ des BAG sind folgende Äusserungen zu finden:
«Haben unter Quarantäne gestellte Personen Anspruch auf eine Erwerbsersatzentschädigung?
Bei Quarantäne im Sinne von Artikel 2 der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 besteht kein Anspruch auf die Entschädigung.
In gewissen Fällen ist es jedoch möglich, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer in ein Risikogebiet entsendet, den Lohn fortzahlen muss. Die Lohnfortzahlung kann auf Artikel 324 oder 324a OR beruhen. Aus rechtlicher Sicht gilt die Quarantäne tendenziell als Arbeitsverhinderung, und diese Verhinderung muss für eine allfällige Entschädigung unverschuldet sein. Darüber wird von Fall zu Fall entschieden.
Einem Arbeitnehmer, der sich in ein Risikogebiet begibt, kann ein Verschulden vorgeworfen werden, wenn er unter Quarantäne gestellt wird. Zwingende persönliche Gründe könnten die Reise allenfalls rechtfertigen (Besuch eines sterbenden Angehörigen). Wenn die Arbeit von zu Hause aus erledigt werden kann und der Arbeitgeber die gesamte notwendige Infrastruktur für das Home Office zur Verfügung stellt, liegt keine Arbeitsverhinderung vor.
Arbeitnehmende, die in Gebiete gereist sind, die zum Zeitpunkt der Abreise risikoarm waren, trifft a priori keine Schuld. Da es sich um eine Pandemie handelt, die die ganze Welt, einschliesslich der Schweiz, betrifft, sind andere Regionen der Welt nicht von vornherein risikoreicher als verschiedene Orte in der Schweiz. Solche Fälle müssen gegebenenfalls von den Gerichten geprüft werden. Einem Arbeitnehmer, der sich wissentlich in ein bekanntermassen risikoreiches Gebiet begibt, könnte ein Verschulden zur Last gelegt werden.»

Die FAQ des BAG sind nicht rechtsverbindlich. Arbeitsgerichte dürften sich eine eigene Meinung bilden. Und das Bundesgericht wird sich eines Tages ebenfalls eine eigene Meinung bilden und eine bundesgerichtliche Praxis definieren.

Sicher richtig ist es, bei der Frage der Lohnfortzahlungspflicht aufgrund von Quarantäne Differenzierungen vorzunehmen, insbesondere bei der zentralen Frage, ob der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer ein Selbstverschulden vorzuwerfen ist, was gegen eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber sprechen würde. Das gilt insbesondere für Personen, welche nach der Publikation der Covid-19-Verordnung Massnahmen im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020, d.h. ab dem 2. Juli 2020 in eines der durch das EDI als Risiko bezeichneten Gebiete eingereist sind. Hingegen ist bei einer Geschäftsreise in ein vom EDI als Risiko bezeichnetes Gebiet bei einer Quarantäne die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers zu bejahen, da die Reise im Interesse und mit Zustimmung des Arbeitgebers durchgeführt wurde.

Exkurs: PT-System mit der COVID-App und Quarantäne und arbeitsrechtliche Fragestellungen
Die COVID-App des Bundes, mit dem Proximity-Tracing-System (PT-Sytem), ist per Gesetz rein freiwillig.

Art. 60a Abs. 3 des Gesetzes lautet wie folgt.
Die Teilnahme am PT-System ist für alle Personen freiwillig. Behörden, Unternehmen und Einzelpersonen dürfen keine Person aufgrund ihrer Teilnahme oder Nichtteilnahme am PT-System bevorzugen oder benachteiligen; abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Schauen wir uns die Botschaft zu einer dringlichen Änderung des Epidemiengesetzes im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Proximity-Tracing-System) vom 20. Mai 2020 bezüglich der Implikationen zum Arbeitsrecht genauer an.

Die Botschaft des Bundesrates hält hierzu das Folgende fest:
«Der durch die SwissCovid-App benachrichtigten Person wird in der Folge empfohlen, wenn möglich in den nächsten zehn Tagen auf vermeidbare physische Kontakte zu anderen Personen zu verzichten, eine Corona-Hotline anzurufen und sich beim Auftreten von ersten, auch nur schwachen Symptomen ärztlich beraten und testen zu lassen. Ist die benachrichtige Person erwerbstätig, so kann sie freiwillig ihren Arbeitgeber über die erhaltene Warnung informieren, sodass bei Bedarf Massnahmen zum Schutz der übrigen Mitarbeitenden getroffen werden können (Heimarbeit oder Schutzmassnahmen vor Ort wie das Tragen einer Hygienemaske oder abgesonderter Arbeitsplatz). Begibt sich die Person alleine gestützt auf die Benachrichtigung freiwillig in Quarantäne, so hat sie kein Anrecht auf Lohnfortzahlung nach Artikel 324a des Obligationenrechts (OR). Durch eine freiwillige Umsetzung der Quarantäneempfehlung bzw. der Schutzmassnahmen kann die Infektionskette unterbrochen werden.» (BBl 2020 4465).

Die Botschaft fährt weiter fort:
«Nach Absatz 3 ist die Teilnahme am PT-System für alle Personen freiwillig. Das BAG betreibt das PT-System gemäss Absatz 1; dabei stellt es die SwissCovid-App in den jeweiligen App-Stores zur freien Verfügung. Somit steht jeder Person frei, ob sie die App auf ihrem Mobiltelefon einrichten und am PT-System teilnehmen möchte. Dies rechtfertigt sich namentlich insofern, als das System eine gegenüber dem klassischen Contact-Tracing durch die zuständigen kantonalen Behörden lediglich unterstützende Funktion hat. Ob ein Teilnahmezwang verfassungsrechtlich zulässig wäre, kann hier offenbleiben, da die zugrundeliegenden Motionen ein freiwilliges System fordern und auch der Bundesrat die Auffassung vertritt, dass ein solches besser geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Im Weiteren dürfen Behörden, Unternehmen und Einzelpersonen keine Person aufgrund ihrer Teilnahme oder Nichtteilnahme am PT-System bevorzugen oder benachteiligen; abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Somit ist ausgeschlossen, dass z. B. Arbeitgeber den Arbeitnehmenden vorschreiben dürfen, im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit am PT-System teilzunehmen. Eine allfällige Kündigung in Missachtung der Freiwilligkeit (weil Arbeitnehmende eine solche rechtswidrige Anweisung nicht befolgen), wäre als missbräuchlich zu betrachten (vgl. Art. 336 Abs. 1 Bst. d OR). Unzulässig ist zudem, dass Behörden, Unternehmen oder Einzelpersonen die Erbringungen von Dienstleistungen, die Abgabe von Produkten oder anderem mehr von der Teilnahme oder der Nichtteilnahme am PT-System abhängig machen. So dürfen weder die Erbringung medizinischer Behandlungen, die Nutzung des öffentlichen Verkehrs, Besuche von Angehörigen in Pflegeheimen noch Restaurantbesuche oder Sportaktivitäten in Fitnesszentren davon abhängen, ob die PT-App auf dem eigenen Mobiltelefon installiert ist bzw. genutzt wird oder nicht. Von dieser Freiwilligkeit zu unterscheiden, und deshalb wirksam und nicht in Frage gestellt sind demgegenüber insbesondere vertragsrechtliche Informations- und Anzeigepflichten, die nicht die Teilnahme am PT-System selber betreffen. Solche Pflichten können namentlich aus der arbeitsrechtlichen Treuepflicht fliessen, wenn es gilt, aus einer Benachrichtigung die nötigen Konsequenzen zu ziehen, namentlich im Falle von Krankheitssymptomen oder einer (freiwilligen) Quarantäne.» (BBl 2020 4473 f.).

Die Botschaft ist also bezüglich des PT-Systems und des Arbeitsrechts in diesen Punkten klar (vgl. Botschaft oben):

– Die Teilnahme am PT-System ist freiwillig, per Bundesgesetz (welches noch in Kraft treten wird). Mithin dürfen Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu einer Verwendung des PT-Systems zwingen.

– Eine ordentliche Kündigung wegen der Nichtbenutzung des PT-Systems wäre als missbräuchlich im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. d OR zu qualifizieren. Eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wäre erst recht nicht gerechtfertigt.

– Begibt sich eine Person wegen den PT-Systems freiwillig in Quarantäne, so ist durch den Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung nach Art. 324a OR geschuldet, da es sich um eine freiwillige Quarantäne handelt.

Möglich dürfte hingegen eine differenzierte arbeitsvertragliche Regelung sein, so dass z.B. der Arbeitnehmer die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer anweist, Meldungen des PT-Systems und eine solche Quarantäne zu melden und dafür eine freiwillige Lohnfortzahlung für diese Quarantäne gewährt.

Möglicher praktischer Lösungsansatz: Deklarationserklärung von Arbeitnehmern gegenüber dem Arbeitgeber nach den Ferien
Arbeitgebern ist es untersagt, Ferien von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern einer Bewilligungspflicht zu unterstellen oder vor den Ferien entsprechende Frage zu stellen, was dem Konsens der arbeitsrechtlichen Lehre entspricht.

Aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers und der Pflicht des Arbeitgebers, für die Gesundheit im gesamten Betrieb zu sorgen, darf der Arbeitgeber wohl nach den Ferien von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und natürlich vor der physischen Rückkehr an den Arbeitsort im Betrieb, eine Deklarationserklärung der Arbeitnehmenden verlangen, ob sie in einem Risikogebiet waren. Hierzu kann jeweils der aktuelle Stand der EDI-Liste eingesetzt werden. Sollten die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer von einer behördlich angeordneten Quarantäne betroffen sein, so müssen sie dies dem Arbeitgeber als Arbeitsverhinderungsgrund angeben, ohne weitere Details.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind aber nicht verpflichtet, genauer zu werden, wie z.B. Land oder Ort der Ferien anzugeben. Das ist und bleibt Privatsache.

Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., LL.M., www.jobanwalt.ch

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