Wenden wir uns nun genauer dem Heuervertrag als besonderer gesetzlich geregelter Art des Arbeitsvertrages zu. Wir schauen uns die wichtigsten Regelungen aus dem Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge vom 23. September 1953 an (Seeschifffahrtsgesetz).
Dauer
Der Heuervertrag kann auf eine bestimmte Zeit, für eine oder mehrere Reisen oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden. Dauer ein Heuervertrag länger als ein Jahr, so gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (Art. 69 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Schriftform
Der Heuervertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Schriftform. Jede Partei hat dabei Anspruch auf eine Ausfertigung des Vertrages. Die für die den Seemann bestimmte Version muss ihm spätestens bei der Ausmusterung ausgehändigt werden (Art. 69 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Inhalt des Heuervertrages
Der Heuervertrag muss die Rechte und Pflichten beider Parteien «klar und deutlich» umschreiben (Art. 70 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Zum notwendigen Vertragsinhalt eines Heuervertrages gehören:
- Personalien und Staatsangehörigkeit
- Ort und Tag der Anheuerung und des Dienstantritts
- Bezeichnung des oder der Schiffe, wo gedient wird
- Reise oder Reisen, welche durchgeführt werden (sofern bestimmt)
- Dienst, für welchen angeheuert wird
- Hinweis auf gesetzliche Bestimmugen über Arbeitszeit, Ferien und Versicherung gegen Krankheit und Berufsunfälle
- Betrag der Heuer (Lohn) und Währung, in welche sie zu bezahlen ist
- Entschädigung für anrechenbare Überzeit
- Beendigung des Vertrages und Kündigungsfristen
- Name und Anschrift des Reeders
- Heimschaffungsanspruch der Seeleute
- Allenfalls Verweis auf GAV
Pflichten der Schiffbesatzungen
Die Sorgfaltspflicht und die Haftung des Seemanns (für Absicht und Fahrlässigkeit) sind in Art. 71 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz geregelt.
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist wie folgt umschrieben: «Der Seemann schuldet dem Kapitän und den übrigen Vorgesetzten Achtung und Gehorsam. Er hat die erhaltenen Befehle zu befolgen und sich an die anerkannten Gebräuche zu halten» (Art. 71 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Bei Seegefahr muss der Seemann jede Hilfe leisten, um er zur Rettung von Personen, des Seeschiffs oder der Ladung angehalten wird (Art. 71 Abs. 3 Seeschifffahrtsgesetz).
Der Kapitän kann den Seemann auch zur Verrichtung an anderen Arbeiten als im Heuervertrag vorgesehen verpflichten, , wenn besondere Umstände es verlangen (Art. 72 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Für Offiziere gelten aber Privilegien: «Schiffsoffiziere dürfen zu keiner Arbeit verhalten werden, die nach anerkannten Gebräuchen mit ihrer Stellung unvereinbar ist» (Art. 72 Abs. 3 Seeschifffahrtsgesetz).
Entschädigung
Zur Entschädigung des Seemanns gehören die vereinbarte Heuer, gegebenenfalls Überzeitentschädigung sowie Kost und Logis an Board (Art. 73 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Die Überzeitentschädigung beträgt 25% (Art. 73 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Der Heueranspruch beginnt spätestens mit dem Tag der Anmusterung (Art. 74 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Die Heuer ist am Ende jedes Monats, spätestens aber am Tag der Ausmusterung unter Abzug allfälliger Vorschüsse ausbezahlen (Art. 74 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Die Lohnfortzahlung an Board ist härter geregelt als an Land bzw. im OR: Für die Zeit, in welcher sich der Seemann wegen Verbüssung einer Arreststrafe oder wegen selbstverschuldeter Arbeitsunfähigkeit an der Arbeit verhindert ist, besteht kein Heueranspruch (Art. 74 Abs. 3 Seeschifffahrtsgesetz).
Falls der Bestand der Schiffsbesatzung aus irgendwelchen Gründen – dafür gibt es auf hoher See ja viele – unter die vorgeschriebene oder übliche Zahl, so haben diejenigen Seeleute, die deswegen zusätzliche Arbeit verrichten müssen, Anspruch auf Verteilung der durch den Ausfall ersparten Heuer im Verhältnis der von ihnen geleisteten Mehrarbeit, sofern dies nicht bereits durch Überzeitenschädigung abgegolten wird (Art. 75 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Der Kapitän führt das Lohnbuch, in welchem die Zahlungen eingetragen werden (Art. 76 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Betriebsübernahme
Die Betriebsübernahme ist in Art. 76a Seeschifffahrtsgesetz geregelt.
Beendigung des Heuervertrages
Läuft ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Heuervertrag während einer Reise ab, so verlängert sich der Vertrag bis zur Ankunft des Seeschiffs im nächsten Hafen (Art. 77 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Heuervertrag kann von beiden Parteien jederzeit auf 7 Tage schriftlich gekündigt werden. Läuft die Kündigungsfrist während einer Reise ab, so verlängert sich der Vertrag bis zur Ankunft im nächsten Hafen. Im Heuervertrag können auch längere Fristen vereinbart werden, es gilt aber in jedem Fall die Kündigungsparität (Art. 77 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Jede Partei kann den Heuervertrag zudem jederzeit aus wichtigem Grund auflösen. Bei den wichtigen Gründen wird einerseits auf den Dienstvertrag verwiesen und andererseits enthält das Gesetz weiter seefahrtstypische Gründe (Art. 77 Abs. 3 Seeschifffahrtsgesetz).
Dienstzeugnisse
Jeder Seemann hat einen Anspruch auf ein Dienstzeugnis (Art. 80 Seeschifffahrtsgesetz).
Heimschaffung
Der Seemann hat einen Anspruch auf Heimschaffung, an den Ort, wo er angeheuert wurde (Art. 82 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Kranken- und Unfallversicherung
Der Betrieb der Seeschifffahrt ist, unter Vorbehalt der Betriebsteile, die sich in der Schweiz befinden, von der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung ausgeschlossen (Art. 84 Abs. 1 Seeschifffahrtsgesetz).
Der Reeder eines Schweizer Seeschiffes muss die Schiffsbesatzung gegen Krankheit und Berufsunfälle versichern (Art. 84 Abs. 2 Seeschifffahrtsgesetz).
Arbeitslosigkeit wegen Schiffbruchs
Falls ein Seeschiff infolge Schiffbruchs verloren geht, so haben die (überlebenden) Mitglieder der Schiffsbesatzung – neben des Anspruchs auf Heimschaffung – Anspruch auf Entschädigung für die dadurch eingetretene Arbeitslosigkeit während der Dauer von höchstens zwei Monaten (Art. 86 Seeschifffahrtsgesetz).
Von: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M.. LL.M., www.jobanwalt.ch
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