Erwähnung von Absenzen im Arbeitszeugnis

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen ein Arbeitszeugnis auszustellen (Art. 330a Abs. 1 OR). Es stellt sich dabei oft die Frage, ob Absenzen – zur Diskussion stehen dabei vorwiegend längere Absenzen oder normale Absenzen bei kürzeren Arbeitsverhältnisdauern – im Arbeitszeugnis erwähnt werden können bzw. auch erwähnt werden müssen durch den Arbeitgeber.

In der Regel geht es um Krankheitsabsenzen. Aber auch ein unbezahlter Urlaub oder ein Fortbildungsurlaub sowie die Zeit der Freistellung durch den Arbeitgeber kann zur Diskussion stehen.

Für die Erstellung von Arbeitszeugnissen gelten die folgenden Grundsätze:

  • Vollständigkeit
  • Wahrheitsgebot
  • Wohlwollen
  • Klarheitsgebot

Diese sind auch bei Thema der Erwähnung von Absenzen im Arbeitszeugnis, insbesondere Krankheitsabsenzen von Bedeutung.

Urteile des Bundesgerichts zur Erwähnung von Absenzen im Arbeitszeugnis

BGE 136 III 510

In diesem Leiturteil des Bundesgerichts aus dem Jahr 2010 äusserte sich das Bundesgericht zu verschiedenen Punkten. Im Zentrum steht einerseits die Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung. Weiter ist ein wichtiges Kriterium für die Erwähnung von Krankheiten im Arbeitszeugnis das Verhältnis der Dauer der Krankheitsabsenz zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses.

Das Bundesgericht begründete hier die Notwendigkeit der Erwähnung von Krankheiten zunächst im allgemeinen und mit Hinweis auf die Kategorie «negative Tatsachen» wie folgt: «Ein qualifiziertes Zeugnis darf und muss daher bezüglich der Leistungen des Arbeitnehmers auch negative Tatsachen erwähnen, soweit diese für seine Gesamtbeurteilung erheblich sind» (BGE 136 III 511, E.4.1).

Anschliessend nahm das Bundesgericht zur Erwähnung von Krankheiten, die einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bilden Stellung: «Dies trifft auf eine Krankheit zu, die einen erheblichen Einfluss auf Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers hatte oder die Eignung zur Erfüllung der bisherigen Aufgaben in Frage stellte und damit einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bildete.» (BGE 136 III 511, E.4.1).

Bezüglich einer geheilten Krankheit, welche keinen Einfluss auf die Leistung des Arbeitnehmers hat, verneinte das Bundesgericht die Erwähnung im Arbeitszeugnis wie folgt: «Eine geheilte Krankheit, welche die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens nicht beeinträchtigt, darf dagegen nicht erwähnt werden» (BGE 136 III 512, E.4.1).

Weiter stellte das Bundesgericht die Regel auf, dass einerseits immer der Einzelfall betrachtet werden muss und dass anderseits die Dauer der Abwesenheit des Arbeitnehmers im Vergleich zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu betrachten ist: «Längere Arbeitsunterbrüche sind – auch wenn sie krankheitsbedingt waren – in einem qualifizierten Zeugnis zu erwähnen, wenn sie im Verhältnis zur gesamten Vertragsdauer erheblich ins Gewicht fallen und daher ohne Erwähnung bezüglich der erworbenen Berufserfahrung ein falscher Eindruck entstünde (JANSSEN, a.a.O., S. 125; vgl. auch SCHÖNENBERGER/STAEHELIN, in: Zürcher Kommentar, Bd. V/2c, 3. Aufl. 1996, N. 13 zu Art. 330a OR). Massgebend sind die Umstände des Einzelfalls (vgl. JANSSEN, a.a.O., S. 125 f. Fn. 274, die eine Faustregel, wonach nur Unterbrechungen von mehr als der Hälfte der Dauer des Arbeitsverhältnisses zu erwähnen seien, ablehnt)». Das Bundesgericht bekräftigt die Dauer der Absenz im Verhältnis zum gesamten Arbeitsverhältnis als relevantes Kriterium, möchte sich aber offensichtlich dennoch nicht auf ein bestimmtes zahlenmässiges Mindestverhältnis von Dauer der Krankheitsabsenz zur Dauer des Arbeitsverhältnisses festsetzen.

BGE 4A_574/2017 vom 14. Mai 2018

In diesem Urteil des Bundesgerichts beantragte der Arbeitnehmer und, dass ihm ein Arbeitszeugnis mit dem Wortlaut ausgestellt wird, wonach der Satz gestrichen wird, dass Beschwerdeführer seit dem 1. Januar 2013 keine Tätigkeit mehr für den Arbeitgeber ausgeführt habe und in der Folge freigestellt worden sei.

Eine ersatzlose Streichung kam für die Erstinstanz jedoch nicht in Frage, da ein Arbeitszeugnis zwar wohlwollend, aber korrekt abzufassen sei. Die Formulierung, der Beschwerdeführer sei 2013 längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung verhindert gewesen, erscheine angebracht. Die Vorinstanz des Bundesgerichts bzw. zweite kantonale gerichtliche Instanz teilte die erstinstanzliche Auffassung.

Unbestritten war, dass der Arbeitnehmer vom 1. Januar bis Mitte Juli 2013 infolge eines Burnouts krankgeschrieben gewesen sei. Seine krankheitsbedingte Absenz habe 6.5 Monate gedauert.

Gemäss dem Bundesgericht erachtete die Vorinstanz eine halbjährige, weitgehend ununterbrochene krankheitsbedingte Absenz auch in Relation zu einer neunjährigen Tätigkeit als erheblich (E.4.). Das Bundesgericht erklärte weiter: «Zudem sei bei einem Arbeitnehmer mit der Kaderstellung des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass eine solche Absenz einen erheblichen Einfluss auf die Leistung gehabt habe. Diese zweite Begründung scheint der Beschwerdeführer übersehen zu haben, jedenfalls geht er nicht darauf ein. Seine Rüge vermag aber auch ansonsten nicht zu überzeugen. Wie ihm bereits die Vorinstanz zu Recht vorhielt, gibt er BGE 136 III 510 bloss unvollständig wie der resp. entnimmt diesem Urteil eine Aussage, die es nicht enthält. Entgegen seiner Darstellung wird in dessen Regeste nicht festgehalten, eine krankheitsbedingte Absenz dürfe erst erwähnt werden, wenn sie mindestens einjährig und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht absehbar gewesen sei. In der einschlägigen E. 4.1 dieses Urteils wird u.a. ausgeführt, längere Arbeitsunterbrüche seien zu erwähnen, auch wenn sie krankheitsbedingt gewesen seien, sofern sie im Verhältnis zur gesamten Vertragsdauer erheblich ins Gewicht fallen würden und daher ohne Erwähnung bezüglich der erworbenen Berufserfahrung ein falscher Eindruck entstünde. Die Vorinstanz ging zutreffend von dieser Rechtslage aus. Ihre Wertung, wonach im konkreten Fall eine halbjährige krankheitsbedingte Abwesenheit als erheblich einzustufen ist, wird vom Beschwerdeführer nur mit dem unzutreffenden Hinweis auf eine vermeintliche Mindestabwesenheitsdauer von einem Jahr beanstandet. Gerade weil er „erst“ im April 2009 stellvertretender Geschäftsführer wurde und die gesamte krankheits- und freistellungsbedingte Absenz in die Zeit fiel, in der er diese Position inne hatte, würde eine Nichterwähnung zu einem unzutreffenden Eindruck bezüglich der von ihm diesbezüglich erworbenen Berufserfahrung führen. Die vorinstanzliche Beurteilung ist nicht zu beanstanden.» (E.4.).

Auch wenn in diesem Urteil vor allem das prozessuale Thema der Rügen des Beschwerdeführers dominiert, ist den Aussagen des Bundesgerichts zu entnehmen, dass Absenzen von unter einem Jahr, hier ging es um etwas mehr als ein halbes Jahr, im Arbeitszeugnis erwähnt werden dürfen. Weiter zeigt das Urteil auf, dass nicht nur die Gesamtdauer vom Arbeitsverhältnis, sondern auch die Dauer der zuletzt ausgeübten Funktion beim Arbeitgeber eine Rolle spielt. Eine Kaderstellung scheint einen die Erwähnung der Krankheitsabsenz begünstigenden Faktor darzustellen.

BGE 8C 134/2018 vom 17. September 2018

Dieser Fall betraf ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis, nämlich ein Gerichtschreiberin beim Bundesverwaltungsgericht. Auf dieses Arbeitsverhältnis war aber Art. 330a OR anwendbar ist (Art. 6 Abs. 2 BPG), so dass das Urteil auf für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse von grosser Relevanz ist.

Das Bundesgericht äusserte sich zunächst zur Anwendbarkeit von Art. 330a OR wie folgt: «Soweit das Bundespersonalgesetz und andere Bundesgesetze nichts Abweichendes bestimmen, gelten gemäss Art. 6 Abs. 2 BPG für das Arbeitsverhältnis sinngemäss die einschlägigen Bestimmungen des Obligationenrechts.» (E.5.2.1.).

Das Bundesgericht fuhr mit den folgenden Ausführungen fort und verwies dabei auf seine bisherige Praxis: «Ein qualifiziertes Zeugnis darf und muss daher bezüglich der Leistungen des Arbeitnehmers auch negative Tatsachen erwähnen, soweit diese für seine Gesamtbeurteilung erheblich sind. Dies trifft auf eine Krankheit zu, die einen erheblichen Einfluss auf Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers hatte oder die Eignung zur Erfüllung der bisherigen Aufgaben in Frage stellte und damit einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bildete. Eine geheilte Krankheit, welche die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens nicht beeinträchtigt, darf dagegen nicht erwähnt werden. Längere Arbeitsunterbrüche sind – auch wenn sie krankheitsbedingt waren – in einem qualifizierten Zeugnis zu erwähnen, wenn sie im Verhältnis zur gesamten Vertragsdauer erheblich ins Gewicht fallen und daher ohne Erwähnung bezüglich der erworbenen Berufserfahrung ein falscher Eindruck entstünde. Massgebend sind die Umstände des Einzelfalls (BGE 136 III 510 E. 4.1, S. 511 f. mit Hinweisen; Urteil 4A 574/2017 vom 14. Mai 2018 E. 4).» (E.5.2.1.).

Das Bundesgericht machte klar, dass nicht nur Absenzen wegen Krankheit, sondern auch Absenzen aus anderen Gründen aufgeführt werden können, wozu auch Mutterschaftsurlaub, unbezahlter Urlaub, Militärdienst oder Freistellungen gehören: «Gemäss Lehre dürfen gegen den Willen des Arbeitnehmers andere Abwesenheit wie Militärdienst, Mutterschaftsurlaub oder unbezahlter Urlaub sowie Freistellungen nur erwähnt werden, wenn – wie bei einer Krankheit – die Dauer der Abwesenheit im Verhältnis zur gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses erheblich ins Gewicht fällt und das Zeugnis dadurch an Aussagewert einbüsst […]. ENZLER vertritt ebenfalls die Auffassung, dass längere Absenzen, die im Verhältnis zur gesamten Vertragsdauer wesentlich ins Gewicht fallen, sowohl im einfachen wie auch im qualifizierten Arbeitszeugnis zu erwähnen sind, falls das Arbeitszeugnis ansonsten zu falschen Schlüssen über die durch die Beschäftigung erworbenen Fähigkeiten des Arbeitnehmers Anlass geben könnte. Er will aber die Erwähnung des Grundes für die Unterbrechung unter Abwägung der jeweiligen Interessen sowohl des Arbeitnehmers als auch Dritter vom Einzelfall abhängig machen (ALEX ENZLER, Der arbeitsrechtliche Zeugnisanspruch, 2012, S. 85 f.; SUSANNE JANSSEN, Die Zeugnispflicht des Arbeitgebers, 1996, S. 125 f.).» (E.5.2.2.).

Im vorliegenden Fall wurde die Absenz mit «Krankheit/Mutterschaft» erwähnt. Das Bundesgericht äusserte sich deshalb auch zur Erwähnung des Grundes der Absenz: «Müssen Arbeitsunterbrüche erwähnt werden, weil andernfalls ein falsches Bild über die erworbene Berufserfahrung entstünde, dann gebieten es der Grundsatz der Vollständigkeit und das Gebot der Klarheit eines Arbeitszeugnisses, auch die Gründe für die Abwesenheit aufzuführen. Für den Abwesenheitsgrund der Krankheit kann dazu auf die oben zitierte Rechtsprechung verwiesen werden (vgl. E. 5.2.1 hiervor). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist dabei irrelevant, dass ihre Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit arbeitsplatzbezogen war. Entscheidend für die Grundangabe ist einzig, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Abwesenheit krankgeschrieben war. Nicht anders verhält es sich bei Abwesenheiten wie Militärdienst, Mutterschaftsurlaub, unbezahlter Urlaub oder Freistellungen. Es ist kein Grund ersichtlich, solche Arbeitsunterbrüche mit Bezug auf die Nennung im Arbeitszeugnis anders zu behandeln als eine Abwesenheit wegen Krankheit. Ein potentieller Arbeitgeber wird die Abwesenheit hinterfragen und sich nach den Gründen erkundigen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt daher nicht die Angabe von Gründen Raum für Spekulationen (vgl. dazu auch SUSANNE JANSSEN, a.a.O., S. 126 Fn. 275), sondern im Gegenteil deren Nichterwähnung, was nicht im Interesse der Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmers liegt. Im Übrigen hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern sich die Nennung des Abwesenheitsgrundes der Mutterschaft negativ auswirken sollte. Die Beschwerdeführerin begründet nicht näher, inwiefern sich die Erwähnung des Mutterschaftsurlaubs im Arbeitszeugnis nachteilig auf ihr berufliches Fortkommen auswirken sollte. Entgegen ihrer Auffassung kann sie auch aus dem Notwehrrecht der Lüge nichts zu ihren Gunsten ableiten. Das Arbeitszeugnis dient in erster Linie dem beruflichen Fortkommen, ist ein wesentlicher Bestandteil eines Bewerbungsdossiers und dementsprechend auch Thema und Grundlage eines Bewerbungsgesprächs. Was somit in einem Vorstellungsgespräch verschwiegen und gar aktiv geleugnet werden darf, kann grundsätzlich auch nicht Thema eines Zeugnisses sein. Mutterschaft als „frauenspezifisches Phänomen“ ist in Bezug auf eine allfällige Diskriminierung sicher genau zu betrachten. An sich kann sie, genauso wie die Vaterschaft, mit Blick auf die dadurch gewonnenen Erfahrungsfelder im Bewerbungswettbewerb auch mit Vorteilen verbunden sein. Ein Nachteil kann darin bestehen, dass der (potentielle) Arbeitgeber um mögliche Absenzen fürchtet, die beispielsweise durch Krankheit der Kinder oder anderweitigen Betreuungsbedarf bedingt sein können; auch dies kann Väter genauso treffen, angesichts der noch immer vorherrschenden Rollen- und Aufgabenverteilung unter den Eltern aber sicher weit weniger häufig und ausgeprägt als Frauen. Wesentlich ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass bei einer Frau im gebärfähigen Alter, ob sie nun Mutter ist oder nicht, stets mit der Möglichkeit einer (weiteren) Mutterschaft und entsprechenden Ausfällen zu rechnen ist. Selbst wer im Lebenslauf also angibt, kinderlos zu sein, ist es möglicherweise schon wenige Monate nach Stellenantritt nicht mehr. Fragen nach Familienplanung werden im Bewerbungsgespräch grundsätzlich nicht gestellt. Mit Blick auf diesen biologisch bedingten Umstand, der alle Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, fällt die Angabe einer schwanger- oder mutterschaftsbedingten Absenz im Zeugnis kaum spürbar ins Gewicht, umso weniger, als damit auch positive Effekte verbunden sein können. Eine Verletzung der Bestimmungen des Gleichstellungsgesetzes ist nicht ersichtlich. Eine solche wird von der Beschwerdeführerin nicht konkret dargelegt, sondern nur behauptet.» (E.5.3.3.).

Das Bundesgericht erklärt in diesem Leiturteil ausdrücklich, dass der Grund der Absenz oder die Gründe der Absenzen (lediglich) mit der Kategorie (Krankheit, Mutterschaft, etc.) genannt werden können, ja eigentlich genannt werden müssen.

Offensichtlich ist aus Persönlichkeitsschutz- und Datenschutzgründen, dass Krankheiten nicht weiter spezifiziert werden dürfen. Das dürfte auch für Krankheitsabsenzen aus psychischen Gründen gelten.

Formulierungsvorschlag für längere Absenz im Arbeitszeugnis

Eine längere Absenz kann im Arbeitszeugnis z.B. wie folgt aufgeführt werden: «Zwischen dem [Datum] und dem [Datum] war der Arbeitnehmer wegen [Krankheit, unbezahlten Urlaub, Freistellung] an der Arbeit verhindert.»

Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., LL.M., www.jobanwalt.ch

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