Der deutsche Fall: Eigentlich wollte sich der deutsche Mitarbeiter nur einen Scherz erlauben, den fand sein Arbeitgeber allerdings nicht witzig: Der Techniker hatte ein Selfie von sich und fünf weiteren Männern bei WhatsApp verschickt, die in enger Runde auf dem Boden zusammensassen und teilweise Karten spielten. Außerdem hatte er noch die Bilderunterschrift „Quarantäne bei mir“ zusammen mit einem Tränen lachenden Smiley hinzugefügt. Zu diesem Zeitpunkt galten umfangreiche Kontaktbeschränkungen im Unternehmen zur Eindämmung des Coronavirus, unter anderem das Versammlungsverbot von mehr als zwei Personen. Der Arbeitgeber sprach daraufhin die fristlose Kündigung aus. Er hatte erst kurz zuvor noch eine Betriebsversammlung zu Covid-19 Sicherheitsbestimmungen abgehalten, um seine 25 Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen. Das Ganze wurde dann vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich erledigt, so dass die Frage der Rechtfertigung der fristlosen Kündigung nicht entschieden werden musste bzw. konnte (Quelle: LTO Legal Tribune Online vom 8. Juli 2020, besucht am 9. Juli 2020, www.lto.de).
Witze über Corona-Massnahmen in Schweizer Unternehmen
Auch in der Schweiz haben sehr viele Arbeitgeber COVID-19-Massnahmen erlassen. Dazu gehören u.a. Split-Teams, Versammlungsverbote, Einschränkungen von Events u.V.m. Es kommt vor, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privat oder öffentlich, teilweise auch in Sozialen Medien, über solche Massnahmen lustig machen.
Rechtslage im Schweizer Arbeitsrecht
Es ist unbestritten, dass Arbeitgeber Massnahmen gegen das Coronavirus im Betrieb erlassen dürfen, ja aus Gründen von art. 328 OR und des Arbeitnehmergesundheitsschutzes sogar erlassen müssen. Bezüglich der Art und des Umfangs der Massnahmen steht dem Arbeitgeber dabei ein erheblicher Ermessensspielraum zu.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers verpflichtet, diesen Massnahmen Folge zu leisten. Natürlich gibt es hier Grenzen, wie Massnahmen, die in den Privatbereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hineingehen, wie etwa Ferienverbote. Im vorliegenden Fall hatte sich der Arbeitnehmer über klar zulässige Massnahmen im Betrieb, wie Versammlungsverbote, lustig gemacht.
Klar ist, dass der Arbeitnehmer durch seine Witze auf WhatsApp gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten verstossen hat, u.a. gegen seine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Durch die WhatsApp Mitteilungen hat er sich auch gegenüber dritten lustig über die Massnahmen gemacht.
Bei einem solchen Verhalten einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers in der Schweiz darf der Arbeitgeber gegen die fehlbare Person Massnahmen ergreifen. In Frage kommt etwa eine Verwarnung oder eine Androhung der fristlosten Kündigung im Wiederholungsfall.
Die fristlose Kündigung stellt im Schweizer Arbeitsrecht eine sehr hohe Hürde dar. Das gilt insbesondere beim ausserdienstlichen Verhalten. In einem solchen Fall, es ging um eine Mitteilung an fünf Personen, dürfte diese Schwelle wohl nicht erreicht worden sein bzw. die fristlose Kündigung für den Arbeitgeber mit erheblichen Risiken behaftet sein. Anders könnte es aussehen, wenn solche Witze über den Arbeitgeber in der breiten Öffentlichkeit verbreitet wurden und/oder wenn es sich beim Arbeitgeber um einen sog. Tendenzbetrieb handelt.
Eine ordentliche Kündigung des fehlbaren Arbeitnehmers wäre zulässig. Klein wäre in einem solchen Fall die Gefahr, dass die betreffende Person sich erfolgreich auf eine missbräuchliche Kündigung berufen könnte, auch wenn es nicht ganz ausgeschlossen werden kann und Vieles auch von den konkreten Umständen abhängt.
Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., LL.M., www.jobanwalt.ch
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