Tattoos am Arbeitsplatz

Tattoos sind sehr verbreitet in der Schweiz. Solange sie nicht beim Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz sichtbar sind, bleiben Tattoos selbstverständlich eine reine Privatsache. Falls aber Tattoos sichtbar sind, dann stellt sich die Frage, wie arbeitsrechtlich damit umzugehen ist. Insbesondere ist die Frage zu prüfen, ob der Arbeitgeber sichtbare Tattoos verbieten oder thematisch einschränken darf. Bei sommerlichen Temperaturen ist dies natürlich ein besonders aktuelles Thema.

Sichtbarkeit am Arbeitsplatz
Tattoos können nur dann ein Thema sein für den Arbeitgeber, wenn sie am Arbeitsplatz auch sichtbar sind. Mithin ist die erste Voraussetzung deren Sichtbarkeit. Diese hängt natürlich vom Arbeitsplatz und allfälligen Berufskleidern des Arbeitnehmers ab. Diese kann natürlich saisonalen Schwankungen unterliegen, im Sommer werden mehr Tattoos sichtbar sein als im Winter.

Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich befugt, dem Arbeitgeber Weisungen zu erteilen (Art. 321d Abs. 1 OR), und der Arbeitnehmer ist verpflichtet, diese zu befolgen (Art. 321d Abs. 2 OR). Weisungen sind einseitige Anordnungen des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann solche Weisungen entweder allgemein (allgemeine Weisungen) oder betreffend einzelnen Arbeitnehmern (besondere Weisungen) erteilen.

Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers kennt aber seine Grenzen. Zu diesen Grenzen gehören u.a.:
– Gesetz und Arbeitsvertrag: Die Weisungen dürfen nicht gegen das Gesetz und/oder den Arbeitsvertrag verstossen.
– Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers nach Art. 328 OR: Die Weisungen dürfen nicht gegen den Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers verstossen. Zum Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers gehört auch der Schutz des Privatlebens. Einschränkende Weisungen sind nur zulässig, wenn sie zur Durchführung des Arbeitsvertrages und zur Wahrung von berechtigten Interessen des Arbeitgebers notwendig sind. Bei sog. Tendenzbetrieben sind weitergehende Weisungen zulässig.
– Unsachlichkeit: Unzulässig sind Weisungen, welche unsachlich sind und bspw. gegen die Eigenverantwortung des Arbeitnehmers verstossen.

Befolgungspflicht des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten, soweit die ihm gemäss Treu und Glauben (Art. 321d Abs. 2 OR) zugemutet werden kann und natürlich die Weisungen nicht die Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers überschreiten.

Weisungen des Arbeitgebers in Bezug auf Tattoos
Es kommt vor, dass Arbeitgeber Weisungen erlassen, wonach Tattoos am Arbeitsplatz nicht sichtbar sein dürfen. Ein generelles bzw. absolutes Verbot von jeglichen sichtbaren Tattoos dürfte heute in den meisten Branchen nicht mehr zulässig sein.
Für das Verbot von Tattoos müssten beim jeweiligen Arbeitgeber sachliche und objektiv nachvollziehbare Gründe vorhanden sein. Dazu gehören u.a. negative Auswirkung auf Kunden oder auf die Reputation des Unternehmens. Es gibt sicherlich Unternehmen, welche solche sachlichen Gründe vorbringen können. Zu erwähnen ist u.a. Betriebe im Bereich des Gesundheitswesens, etwa der Dermatologie.

Der Inhalt von Tattoos kann natürlich auch ein Grund für das Verbot sein. So gibt es durchaus Tattoo-Motive, welche auf Kunden und Arbeitskollegen abschreckende Wirkungen haben oder nicht zum Geschäft des Arbeitgebers passen.

Aber auch der Ort des Tattoos, d.h. die tätowierte Körperstelle, kann eine Rolle spielen. Tattoos im Gesicht sind als eher ungewöhnlich und allenfalls abschreckend zu werten.

Bei Tendenzbetrieben können ebenfalls höhere Anforderungen bezüglich Tattoos gestellt werden.

Regelungen im Arbeitsvertrag betreffend Tattoos
Im Arbeitsvertrag oder in dazugehörenden Reglementen kann das Thema Tattoo geregelt werden. Beispielsweise kann der Arbeitnehmer eine vertragliche Pflicht übernehmen, keine Tattoos am Arbeitsplatz zu zeigen.

Berücksichtigung von gesellschaftlichem Wandel
Das Kriterium der Sachlichkeit des Verbots von Tattoos unterliegt natürlich auch ständig einem gesellschaftlichen Wandel. Immer mehr Menschen aller Alterskategorien tragen Tattoos. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Tattoos hat sich im Laufe der letzten Jahre deutlich erhöht. Das bedeutet aber nicht, dass Tattoos in allen Branchen und Positionen durch den Arbeitgeber gutheissen werden müssen.

Missbräuchliche Kündigung wegen Tattoos?
Falls der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund eines Tattoos die Kündigung, gemeint ist hier die ordentliche Kündigung, ausspricht, so ist immer zu prüfen, ob der Arbeitnehmer eine missbräuchliche Kündigung geltend machen könnte.

Fragen nach Tattoos im Bewerbungsgespräch
Im Bewerbungsgespräch darf der Arbeitgeber nur Fragen stellen, die für die Stelle bzw. den Arbeitsvertrag relevant sind. Klar ist, dass auf jeden Fall nur nach sichtbaren Tattoos gefragt werden darf. Die unsichtbaren Tattoos sind selbstverständlich absolute Privatsache des Arbeitnehmers. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber nur nach Tattoos fragen, wenn eine entsprechende Regelung im Unternehmen besteht und es für die Anstellung relevant ist.

Möglichkeit der Geltendmachung von Anstellungsdiskriminierung?
Es ist denkbar, dass ein Arbeitnehmer nicht angestellt wird, weil er Tattoos hat oder sogar eine Stelle so ausgeschrieben wird, dass keine Tattoos sichtbar sein dürfen. Allenfalls dürfte dann eine Anstellungsdiskriminierung geltend gemacht werden können. Nach allgemeinem Arbeitsrecht sind hier aber kaum relevante rechtliche Ansprüche, namentlich Entschädigungen, rechtlich geltend zu machen.

Autor: Boris Etter, lic.iur. HSG, Rechtsanwalt, LL.M., LL.M., www.jobanwalt.ch

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