Die neu verfügbaren Datenquellen ermöglichen eine differenzierte Darstellung geschlechtsspezifischer Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern. Zu diesem Schluss kommt der Bundesratsbericht, der in Erfüllung des Postulats 19.4132 von Samira Marti vom 25. September 2019 erstellt wurde.
Hoher Anteil an Teilzeitarbeit – hoher Gender Overall Earnings Gap
Der Bericht präsentiert den für die Schweiz erstmals berechneten Gender Overall Earnings Gap (GOEG) nach erweiterter Schweizer Methode sowie Kennzahlen zu den geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden der Selbstständigen und zum Gender Pension Gap. Im europäischen Vergleich weist die Schweiz relativ hohe Werte auf, was hauptsächlich mit dem hohen Anteil an teilzeiterwerbstätigen Frauen in der Schweiz erklärbar ist.
Im Jahr 2018 lag der GOEG für die Schweiz bei 43,2%. Das bedeutet, dass das Einkommen von Frauen, bezogen auf alle im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren geleisteten Arbeitsstunden, 43,2% niedriger ist als das der Männer. Der Wert dieses Indikators nimmt im Laufe der Zeit ab.
Gender Pension Gap: Grosser Unterschied zwischen 1. und 2. Säule
Der Gender Pension Gap belief sich in der Schweiz im Jahr 2020 auf 34,6%. Er bildet den prozentualen Unterschied der durchschnittlichen Renten aus der Altersvorsorge zwischen Frauen und Männern im Rentenalter ab. Die jährliche Gesamtrente aus allen Säulen der Altersvorsorge der Frauen (35 840 Fr.) war im Durchschnitt um 18 924 Franken tiefer als jene der Männer (54 764 Fr.). Seit 2014 hat sich dieser Wert kaum verändert. Im Gender Pension Gap spiegeln sich Unterschiede in der Erwerbspartizipation, Auswirkungen des Familien- und Lebensmodells sowie Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern über einen längeren Zeitraum.
Während Frauen bei der AHV (1. Säule) im Durchschnitt leicht höhere Renten beziehen als die Männer, beziehen Frauen deutlich seltener Renten aus der zweiten Säule als Männer (49,7% vs. 70,6%). Wenn sie es tun, sind diese durchschnittlich rund 47% tiefer als jene der Männer.
Die Unterschiede nach Zivilstand zeigen, dass bei Verheirateten der Gender Pension Gap am stärksten ausgeprägt ist, was vor dem Hintergrund zu betrachten ist, dass Ehepaare in der Regel eine ökonomische Einheit bilden und ihre Einkommen zusammenlegen. Bei den geschiedenen und verwitweten Personen ist ebenfalls ein Gender Pension Gap zugunsten der Männer feststellbar. Bei Ledigen ist demgegenüber kein Unterschied zu identifizieren.
Diese Kennzahlen werden in Zukunft regelmässig als Zeitreihendaten erhoben, berechnet und veröffentlicht. Darüber hinaus ergänzen die schon etablierten Indikatoren des Lohnunterschieds und dessen unerklärten Anteils sowie diejenigen in Zusammenhang mit der unbezahlten Arbeit und deren monetären Bewertung das Bild der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern.