ABB testet Arbeitnehmende auf Coronavirus-Infektion (COVID-19) – arbeitsrechtliche Zulässigkeit?

Gemäss diversen Medienberichten (u.a. Tages-Anzeiger) testet der Schweizer Technologiekonzern ABB seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine Infektion mit dem Coronavirus (COVID-19) durch. Das bestätigte das Unternehmen gegenüber der Nachrichtenagentur AWP, ohne aber genauere Angaben zu den getesteten Personen zu machen. Dabei stellen sich interessante arbeitsrechtliche Fragen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gesundheit seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umfassend zu schützen (Art. 328 OR). Beim Schutz der Gesundheit handelt es sich um den unbestrittensten Bereich des Schutzes der Arbeitnehmenden. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstehen gegenüber dem Arbeitgeber einer Treuepflicht (Art. 321a Abs. 1 OR). Wesentlich sind weiter die Regeln des Datenschutzes (DSG).

Zum Gesundheitsschutz, den der Arbeitgeber gewährleisten muss, gehört auch die Pflicht, für einwandfreien Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu sorgen. Bei Industriebetrieben, wie der ABB, gehört natürlich die Arbeitssicherheit im Produktionsbereich und im Umgang mit Maschinen zum «klassischen Bereich» des Gesundheitsschutzes.

Bereits arbeitsrechtlich thematisiert wurde das Thema Impfzwang bei der Grippeimpfung. Die pandemische Grippe H1N1 2009 («Schweinegrippe») hat im Herbst 2009 eine erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeit eines Impfobligatoriums erzeugt. Dabei wurde schon das Epidemiengesetz (EpG) sowie vor allem das Weisungsrecht des Arbeitgebers herangezogen. Es existieren auch erstinstanzliche Entscheide, welche ein Impfobligatorium bei medizinischem Personal im direkten Kontakt mit gefährdeten Patientengruppen bejahen (Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2006, GVP 2006 Nr. 1, in Bezug auf Hepatitis B Impfung). Ferner wird darauf verwiesen (bezüglich Impfung), dass in einer Pandemiesituation eine sorgfältige Interessensabwägung und Verhältnismässigkeitsprüfung notwendig sei.

Ein Test auf COVID-19 ist ein weitaus geringer Eingriff in die Persönlichkeit des Arbeitnehmenden als ein Impfzwang. Der Test erzeugt keine Nebenwirkungen und stellt keinen Eingriff in die körperliche Integrität – ein Abstrich genügt – des Arbeitnehmenden dar. Weiter ist zu beachten, dass derzeit erstmals eine «aussergewöhnliche Lage» gemäss Art. 7 EpG herrscht. Es ist deshalb sehr gut möglich, dass die Anordnung von Coronavirus-Tests durch den Arbeitgeber derzeit rechtlich zulässig ist, gestützt auf das Epidemiengesetz sowie das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers.

Natürlich muss auch der Umgang mit den Testresultaten rechtlich korrekt erfolgen. Die Resultate der Tests der einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen strikt vertraulich behandelt werden. Auch dürfen sie keinen Eingang ins Personaldossier finden. Interessant wäre im Fall ABB, für die ganze Wirtschaft und Gesellschaft, wie das Resultat aussehen würde im Betrieb (Prozentzahl der positiv getesteten Personen).

 

 

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